Die Stadt Düsseldorf hat sich das Ziel gesetzt, bis 2035 ein „Mobilitätsnetzwerk“ aufzubauen, das ihren Bürgerinnen und Bürgern den Umstieg auf eine nachhaltige, individuelle Fortbewegung innerhalb der Stadtgrenzen erleichtern soll. Federführend für Planung und Umsetzung ist die Connected Mobility Düsseldorf GmbH (CMD). Rolf Neumann, einer der Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens, erläutert das rasch wachsende Netz an vielfältigen und innovativen Angeboten. Dessen Knotenpunkte bilden Mobilitätsstationen, die an vielen Orten in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt entstehen.

Rolf Neumann ist kaufmännischer Geschäftsführer der Connected Mobility Düsseldorf GmbH (CMD), die er im August 2020 mitgründete. Zuvor war der studierte Wirtschaftsgeograph unter anderem als Referent von Beigeordneten und als Abteilungsleiter des Umweltamtes der Stadt Düsseldorf tätig. Heute setzt er sich für die Förderung, Entwicklung und Umsetzung von smarten Mobilitätslösungen in Düsseldorf ein, steuert den Aufbau des städtischen Mobilitätsnetzwerks und berät andere Kommunen und Unternehmen in Hinblick auf nachhaltige Mobilität. Bild: Connected Mobility Düsseldorf GmbH, Fotografin Daria Henken

HOLM-Blog: Herr Neumann, die Stadt Düsseldorf hat sich das Ziel gesetzt, bis 2035 einhundert Mobilitätsstationen im Stadtgebiet zu errichten. Wie viele solcher Stationen konnten bereits eröffnet werden und wie wird es damit weitergehen?

Rolf Neumann: Unsere erste Mobilitätsstation haben wir im Mai 2022 am Düsseldorfer Stadttor [1] eröffnet, Mitte Juli 2024 folgte die 13. Station in Düsseldorf-Flingern. Bis Ende des Jahres wird das Netzwerk sogar auf rund 20 Standorte anwachsen. Stück für Stück erweitern wir von der Innenstadt aus kommend das Netzwerk bis in die Randgebiete Düsseldorfs, um schließlich 2035 unser Ziel von 100 Mobilitätsstationen zu erreichen. An wichtigen ÖPNV-Achsen bauen wir schon im Randbereich Satellitenstationen auf. Ein Beispiel dafür ist die bereits in Betrieb genommene Station im Stadtteil Rath unweit des Flughafens.

Sharing-Station mit verschiedenen Leih-Mikromobilen am Gustaf-Gründgens-Platz in der Nähe des Düsseldorfer Schauspielhauses. Bild: Connected Mobility Düsseldorf GmbH, Fotograf Johannes Farrenkopf

HOLM-Blog: Was haben die Mobilitätsstationen den Bürgerinnen und Bürgern alles zu bieten?

Rolf Neumann: Unsere Mobilitätsstationen sind neue attraktive Orte in der Stadt. Wir haben sie als Zukunftsorte für nachhaltige Mobilität sowie für mehr Wohlbefinden und Klimaschutz in der Stadt konzipiert. Sie bieten ein vielfältiges Mobilitätsangebot. Je nach Standort umfasst das eine verschließbare Fahrradabstellanlage, die sogenannte Fahrradstation, und Fahrradbügel, einen Lastenradautomat für das vollautomatisierte Ausleihen von E-Lastenrädern, eine Fahrradreparaturstation, teils elektrifiziertes Carsharing und eine Sharing-Station mit verschiedenen Leih-Mikromobilen, wie E-Scootern oder E-Bikes. Zusätzlich beinhalten unsere Mobilitätsstationen oft neue Sitzgelegenheiten und verschiedene Begrünungselemente. Teilweise werden Flächen entsiegelt, neue Bäume gepflanzt oder Baumscheiben vergrößert. So setzen wir Maßnahmen für eine Klimaanpassung um, während die Stationen gleichzeitig zu einer höheren Lebensqualität vor Ort beitragen und als sozialer Treffpunkt im Quartier dienen.

HOLM-Blog: Wie kommen denn die Mobilitätsstationen bei den Düsseldorfer*innen an? Welche Angebote werden besonders stark nachgefragt?

Rolf Neumann: Insgesamt werden unsere Angebote sehr gut angenommen. Einen besonders großen Bedarf nehmen wir an sicheren Fahrradabstellplätzen wahr. Die Auslastung unserer Fahrradstationen liegt aktuell bei circa 85 Prozent. Das absolute Lieblingsprodukt sind jedoch unsere Lastenradautomaten. Neben den klassischen Cargobikes können die Düsseldorfer*innen unsere neuen Kindercabrios ausleihen, spezielle Lastenräder für den Kindertransport. Aber auch die Sharing-Stationen sind sehr beliebt. Mit Hilfe von digitalem Geofencing [2] sorgen wir dafür, dass die Leihroller, -fahrräder und E-Scooter nur in den dafür vorgesehenen Bereichen abgestellt werden. Das trägt zu einem ordentlichen Straßenbild und zur Sicherheit bei. Am Ende lässt sich wohl sagen: Der Mix machts!

Luftbild der Mobilitätsstation am Bachplätzchen in Düsseldorf-Unterbilk. Bild: Connected Mobility Düsseldorf GmbH

HOLM-Blog: Die Mobilitätsstationen scheinen überwiegend akzeptiert zu sein. Gibt es auch kritische Stimmen, und warum?

Rolf Neumann: Ja, die neu geschaffene Aufenthaltsqualität an diesen Orten durch neue Sitzgelegenheiten, Begrünungselemente und andere Klimaanpassungsmaßnahmen sorgen für eine hohe Akzeptanz unter den Bürger*innen. Aber auch eine frühzeitige und kontinuierliche Kommunikation aus Dialogformaten, Eröffnungsveranstaltungen, Infotagen und weiteren Marketingmaßnahmen hat dazu beigetragen. Für unsere Mobilitätsangebote erhalten wir grundsätzlich ein positives Feedback. Natürlich bestehen auch Einwände gegen die Umgestaltung. Vor allem die Umwidmung von Parkplätzen ist ein wiederkehrendes Thema. Um hier eine Lösung zu finden, setzen wir vermehrt auf sogenannte Offstreet-Parklösungen, also Parkangebote abseits der Straße. Viel Zuspruch findet dabei eines unserer neueren Projekte, das „Feierabend-Parken“. Dabei können die Anwohner*innen nach Feierabend und über Nacht per App naheliegende Supermarktparkplätze buchen.

HOLM-Blog: Wie finden Sie die Flächen für die Mobilitätsstationen? Wie wird entschieden, wo ein solches Angebot entsteht?

Rolf Neumann: Um Flächen für neue Mobilitätsstationen zu finden, stehen wir in enger Abstimmung mit dem Amt für Verkehrsmanagement der Landeshauptstadt. Welche Flächen in Frage kommen, hängt auch immer vom Bedarf der jeweiligen Station und die städtebaulichen Begebenheiten vor Ort ab. Wichtige Hinweise dazu gibt uns unser Dashboard, das alle Fahrten der Mikromobilität abbildet und analysiert. So erhalten wir Hinweise auf Mobilitätsbedarfe und neue potenzielle Standorte für Mobilitätstationen. Relevant ist auch die Position der Mobilitätsstation im Gesamtnetzwerk, also wie weit etwa anliegende Stationen entfernt sind. Am Anfang der Neuplanung steht oft eine Bedarfsabfrage der Menschen vor Ort. Damit das Projekt dann praktisch anlaufen kann, braucht es einen politischen Beschluss der zuständigen Bezirksvertretung.

HOLM-Blog: Und wie lange dauert es von der Planung bis zur feierlichen Eröffnung einer Station?

Rolf Neumann: Die Dauer der Realisierung hängt vom Standort ab. Inklusive der Beantragung von Fördergeldern rechnen wir im Schnitt mit knapp einem Jahr.

Fahrradstation auf dem Horionplatz im Regierungsviertel der Landeshauptstadt. Bild: Connected Mobility Düsseldorf GmbH, Fotograf Johannes Farrenkopf

HOLM-Blog: Das bringt uns zur nächsten Frage. Wie werden der Bau und die Unterhaltung der Mobilitätsstationen finanziert?

Rolf Neumann: Zunächst einmal setzen wir konsequent auf ein vorausschauendes und gezieltes Fördermittelmanagement. Dadurch gelingt es uns, Fördergelder aus öffentlichen Programmen für die städtischen Bauvorhaben, aber auch für Investorenprojekte zu erlangen. Auf diese Weise finanzieren wir den Großteil von Entwicklung und Bau neuer Mobilitätsstationen durch Fördergelder etwa aus Mitteln der Europäischen Union (EU) oder des Landes – in der Regel zu circa 80 Prozent. Der Rest der Baukosten sowie die Kosten für den Betrieb der Anlagen kommen dann aus dem Haushalt der Landeshauptstadt. Die CMD ist ja ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Stadt. Darüber hinaus gibt es bereits Investorenprojekte für Wohnungs- und Bürobau auf privatem Grund, bei denen der Investor größere Anteile der Kosten übernimmt.

HOLM-Blog: Die Mobilitätsstationen sind Teil eines „städtischen Mobilitätsnetzwerks“. Was ist darunter zu verstehen?

Rolf Neumann: Geplant ist ein engmaschiges Netzwerk nachhaltiger Mobilität aus großen Mobilitätsstationen und kleinen Sharing-Stationen. 350 Sharing-Stationen und 100 Fahrradstationen sollen bis 2035 im gesamten Stadtgebiet realisiert werden. Unsere überdachten und verschließbaren Fahrradstationen sorgen für sichere und digital verschließbare Fahrradparkplätze. Sie finden sich auch einzeln in der Stadt und nicht nur als Teil einer Mobilitätsstation. Alle unsere Angebote sind bequem und digital per App buchbar. Zusätzlich arbeiten wir auf Hochtouren daran, ein weitreichendes Stadtradsystem aufzubauen. Dieses kommunale Fahrradmietsystem soll im Sommer 2025 an den Start gehen. Es wird insgesamt 2.500 Fahrräder umfassen, die an rund 400 strategisch platzierten Ausleih- und Rückgabestellen im gesamten Stadtgebiet verfügbar sein werden. Besonders Pendler*innen soll das Stadtradsystem einen nachhaltigen und effizienten Weg zur Arbeit ermöglichen.

HOLM-Blog: Was ist aus Ihrer Sicht noch notwendig, damit alternative Mobilitätsangebote funktionieren können und genutzt werden?

Rolf Neumann: Es ist wichtig, möglichst alle Bereiche von Mobilität einzubeziehen. Vom Ausbau der Fuß- und Radwegeinfrastruktur über das ÖPNV-Angebot bis hin zur Parkraumoptimierung für Kfz ist alles zu integrieren und miteinander zu vernetzen. Zum Beispiel wird ein P&R-Parkplatz häufiger genutzt, wenn er nicht nur gut an den ÖPNV angebunden ist, sondern auch über fußläufige Einkaufmöglichkeiten verfügt und durch zusätzliche E-Sharing-Angebote die Erreichbarkeit der näheren Umgebung verbessert wird. Damit das ganze System funktioniert, ist die Vernetzung über digitale Systeme unerlässlich. Die Rheinbahn in Düsseldorf hat mit der „redy“-App eine MaaS-Plattform [siehe Mobility-as-a-Service] entwickelt, die bereits viele Angebote zusammenführt. Vom ÖPNV-Ticket über Carsharing bis hin zum E- Scooter lässt sich alles über diese App buchen. Mobilität aus der Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer zu denken, ist der Schlüssel zum Erfolg!

HOLM-Blog: Welche Aufgaben fällt der CMD bei der Schaffung diese Mobilitätsnetzwerkes zu?

Rolf Neumann: Die CMD wurde 2020 gegründet, um die Landeshauptstadt in enger Abstimmung mit dem Amt für Verkehrsmanagement bei einer schnellen Umsetzung von Verkehrsinnovationen, Digitalisierungs- und Vernetzungsthemen für nachhaltige Mobilität zu unterstützen. Der Kern unserer Aufgabe steckt im Namen: Connected Mobility, der Aufbau eines leistungsstarken, nachhaltigen Mobilitätsnetzwerks. Neben der Errichtung von Infrastruktur unterstützen wir die Vernetzung der Verkehrssysteme, denn das System ist der Star! Dazu entwickeln wir Apps und verbinden diese mit Plattformen wie der schon erwähnten „redy“-App.

HOLM-Blog: Und warum ein eigenständiges kommunales Unternehmen?

Rolf Neumann: Solche Aufgaben innerhalb des politisch gewünschten kurzen Zeitrahmens umzusetzen, überfordert viele Kommunen. Man braucht Personal und besondere Qualifikationen aus den Bereichen IT, Bauingenieurs- und Projektmanagement, die effektiv, teils über agile Strukturen zusammenarbeiten. Eine kompakte GmbH, die mit den städtischen Strukturen gut vernetzt ist, bietet dafür die perfekte Hülle.

HOLM-Blog: Vielen Dank für das Gespräch.