Laut der KOFA-Studie aus dem Jahr 2024 fehlen bundesweit knapp 30.000 passend qualifizierte Arbeitskräfte in Verkehrs- und Logistikberufen. [1]

Die durchschnittliche Time-to-Hire liegt weltweit für alle Branchen bei 43 Tagen [2]. Laut dem Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt der Bundesagentur für Arbeit lag im Januar die durchschnittliche Vakanzzeit bei 180 Tagen. [3] Die Vakanzzeit beschreibt die Zeitspanne zwischen gewünschtem Besetzungstermin und Stellenabgang.

Im Bereich der Fachkräftegewinnung hat sich die Situation vom Arbeitgebermarkt zum Bewerbermarkt gedreht. Heute gilt es, die freien Stellen dem idealen Talent „zu verkaufen“. Dabei gewinnt das Social Recruiting in der sich wandelnden Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung.


Vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt

In den letzten Jahren hat sich das Kräfteverhältnis auf dem Arbeitsmarkt gravierend verschoben. Wo früher die Unternehmen die Auswahl hatten, müssen sie heute verstärkt um qualifizierte Bewerbende werben – insbesondere im gewerblichen Bereich. Gerade in Branchen, in denen Fachkräfte händeringend gesucht werden, wie zum Beispiel beim Bus- oder Bodenpersonal an Flughäfen, ist dieser Wandel besonders spürbar. Traditionelle Maßnahmen wie Zeitungsannoncen, Stellenportale und Karrierewebseiten reichen nicht mehr aus, um passende Talente zu erreichen. 82 Prozent der Jobsuchenden nutzen soziale Medien, um Stellenangebote zu finden, so die Social Media Recruiting Study von 2016. [4]

Deshalb müssen Unternehmen ihre Recruiting-Strategie aktiv an die veränderten Marktbedingungen anpassen und dort präsent sein, wo ihre potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten ihre Zeit verbringen - nämlich in den sozialen Medien.

Bild: Shutterstock/Tero Vesalainen

Social Recruiting: mehr als ein Post im Unternehmensprofil

Der Begriff „Social Recruiting“ geht weit über die bloße Veröffentlichung von Stellenanzeigen auf Facebook, X (ehemals Twitter), Instagram, TikTok oder LinkedIn hinaus. Entscheidend ist der datenbasierte und zielgruppengenaue Ansatz. Erfolgreiche Social-Recruiting-Kampagnen ähneln einem Sales Funnel, bei dem potentielle Talente über gezielte Anzeigen angesprochen, schrittweise qualifiziert und schließlich zum Bewerbungsprozess geführt werden. Dabei wird der Zugang niedrigschwellig gehalten und im ersten Schritt auf den Lebenslauf verzichtet.

Die zielgruppengerechte Ansprache

Für eine zielgruppengerechte Ansprache wird zunächst ein genaues Bild vom idealen Bewerbenden benötigt. Dazu wird eine Persona erarbeitet. Im Zentrum stehen dabei Fragen der Art: Wie tickt die Person? Was mag sie besonders? Welche sozialen Medien werden regelmäßig konsumiert? Danach wird erarbeitet, welche Sprache und Bildmotive sich eignen, um etwa Fahrpersonal für Busse mit Personenbeförderungsschein zu erreichen. Die Herausforderung liegt darin, Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen der jeweiligen Zielgruppe in Wort und Bild darzustellen.

Niedrigschwellige Bewerbungsprozesse und schnelle Reaktionszeit als Erfolgsfaktoren

Es ist wichtig, die Hemmschwellen für Bewerbende so niedrig wie möglich zu halten. Lange Formulare oder die Forderung, einen ausführlichen Lebenslauf vorzulegen, führen meist schon beim Erstkontakt zu Abbruchquoten, insbesondere bei „passiven“ Talenten, die nur lose an einem Jobwechsel interessiert sind.

Entsprechend lassen sich folgende Empfehlungen ableiten, um den Bewerbungsprozess für den Bewerbenden so angenehm wie möglich zu machen:

  • Ein-Klick-Bewerbung: Interessierte geben zunächst nur Basisinformationen, wie Telefonnummer und E-Mail an. Der Lebenslauf kann später noch ergänzt werden.
  • Schnelle Rückmeldung: Gerade im operativen-Bereich kommt es bei stark nachgefragten Positionen darauf an, interessierte Bewerberinnen und Bewerber zeitnah zu kontaktieren. Ein „Same-Day-Delivery“-Ansatz im Recruiting (Rückmeldung noch am selben Tag) kann entscheidend sein.

Starke Arbeitgebermarke vs. Talentzentrierung

Zwar kann eine starke Employer Brand die Wahrnehmung eines Unternehmens verbessern, doch es ist wichtiger, die Bedürfnisse der Talente in den Vordergrund zu stellen. In der Logistik- und Mobilitätsbranche sind dies häufig:

  • Sichere Arbeitsplätze in einer systemrelevanten Branche
  • Planbare Arbeitszeiten (gerade im Schichtdienst wichtig)
  • Möglichkeiten zur Weiterbildung (etwa der Erwerb zusätzlicher Führerscheinklassen oder fachspezifischer Zertifikate)
  • Ein klares Nachhaltigkeitskonzept im Unternehmen (gerade in den Bereichen Bus und Aviation immer stärker im Fokus)

Bild: Shutterstock/Roman Samborskyi

Fazit und wichtige Learnings

Social Recruiting lässt sich nicht nebenbei in der Personal- oder Marketingabteilung durchführen. Fehlende Expertise führt schnell zu Streuverlusten und hohen Werbekosten. Wer im Unternehmen nicht auf entsprechendes Know-how zurückgreifen kann, sollte eine externe Agentur oder einen Spezialdienstleister konsultieren.

Social Recruiting ist längst kein „Nice-to-Have“ mehr, sondern wird zum wesentlichen Erfolgsfaktor, um Fachkräfte in Logistik- und Mobilitätsunternehmen zu gewinnen. Dabei sollten drei Hauptaspekte beachtet werden:

  • Zielgruppengenaue Ansprache: Jede Rolle (von Busfahrerinnen und Busfahrern über das Kabinenpersonal bis hin zur Supply-Chain-Managerin bzw. -Manager) braucht eine passgenaue Social-Recruiting-Strategie.
  • Niedrigschwellige Prozesse: Minimale Einstiegshürden im Bewerbungsprozess und schnelle Kommunikation sind entscheidend für den Erfolg.
  • Kontinuierliche Optimierung: Social Recruiting ist ein dauerhafter Prozess, der durch Monitoring und A/B-Testing laufend verbessert werden kann.

Für Personalentscheider, die zukunftsorientiert handeln möchten, ist es entscheidend, die Prinzipien des Social Recruitings zu verstehen und in professionelle Kampagnen umzusetzen. Durch die gezielte Anwendung der genannten Strategien können sich nicht nur die Anzahl der Bewerbungen erhöhen, sondern auch und vor allem die Qualität der Bewerbungseingänge verbessern.