Paketlieferungen steigen aufgrund des vermehrten Online-Shoppings und dem Wachstum von Onlineversandhändlern weltweit steig an. Ein erhebliches Problem sind die zahlreichen scheiternden Zustellversuche der Pakete – weltweit misslingen etwa 20 Prozent der Zustellungen beim ersten Versuch. Können Lieferungen nicht planmäßig beim ersten Anlauf erfolgreich zugestellt werden, hat dies sowohl für die Lieferanten als auch für die Konsument*innen und Onlinehändler negative Konsequenzen. Die Lieferdienste müssen neue Zustellversuche planen und durchführen, die Konsument*innen müssen länger auf ihre Ware warten oder die Bestellungen bei Paketshops oder an Paketstationen abholen, die teilweise umständlich zu erreichen und an vorgegebene Öffnungszeiten gebunden sind – ein Ärger für die Kund*innen.

Durch die Vereinbarung von Lieferterminen kann die Anwesenheitsquote bei Zustellung zwar erhöht werden, jedoch beschränken Liefertermine die Flexibilität in der Routenplanung der Lieferdienste. Dies verteuert die Terminzustellung im Vergleich zur regulären Zustellung. Zudem erhöhen vorab angekündigte Liefertermine das Risiko, die Empfänger*innen signifikant zu enttäuschen, denn diese warten während des Lieferzeitfensters aktiv auf ihre Ware und sind frustriert, wenn der Zustelltermin, beispielsweise wegen eines Staus, nicht eingehalten wird.

Neue Lösung für das Problem der letzten Meile

Die 2020 gegründete Green Convenience GmbH hat sich der Problematik angenommen und eine Softwarelösung entwickelt, mit der scheiternde Zustellversuche automatisch vermieden werden sollen. „Die letzte Meile ist die ineffizienteste und umweltschädlichste Etappe der gesamten Business-to-Costumer-Lieferkette. Deshalb brauchen wir hier dringend neue Lösungen“, sagt Benjamin Dauth, Geschäftsführer und Mitbegründer von Green Convenience.

Automated Delivery Individualization

Das in Frankfurt am Main ansässige Start-up, das bis Januar 2023 Teil der Start-up-Förderung der House of Logistics and Mobility (HOLM) GmbH war, hat in den vergangenen drei Jahren mit Hochdruck an seiner Software gearbeitet. Nun startet das junge Unternehmen gemeinsam mit dem lokalen Logistikdienstleister Grünfuchs Logistik GmbH aus Göttingen sein erstes Pilotprojekt und testet sein Produkt „Automated Delivery Individualization“ (ADI) erstmalig in der Praxis.

Mithilfe von KI-gestützter Anwesenheitsvorhersage ist ADI in der Lage, Kernzeiträume der Anwesenheit an Zustelladressen vorherzusagen und diese Live-Liefersystemen zur Verfügung zu stellen. Damit ermöglicht die Software eine präzise Prognose individueller Zustellfenster, die außerdem regelmäßig und automatisch aktualisiert wird, um Fehlversuche komplett auszuschließen. Das System kann bei allen B2C-Sendungsarten, auch bei Terminzustellungen angewandt werden, „jedoch ist im Grunde ein Liefertermin nicht mehr notwendig, da scheiternde Zustellversuche automatisch vermieden werden“, sagt Benjamin Dauth.

Im Rahmen der Testphase sollen bis Oktober 2023 vor allem die technische Funktionsfähigkeit in Verbindung mit einer App und im Lieferbetrieb, die Akzeptanz der App-Nutzer*innen, die Auswirkungen auf die Anwesenheitsquote bei Zustellung sowie Einsparungen an Emissionen und an Lieferkosten untersucht werden.  

Portraitfoto Benjamin Dauth
Benjamin Dauth ist Vollblut-Logistiker. Der gelernte Speditionskaufmann war bereits zehn Jahre beim Logistikkonzern Schenker tätig, bevor er 2020 gemeinsam mit seinem Schulfreund Deniz Dagtekin das Start-up Green Convenience gründete. Foto: Green Convenience

Seit August 2021 arbeitet Green Convenience durch die Unterstützung von der HOLM-Innovationsförderung für die Produktentwicklung zusätzlich mit der Technischen Universität Darmstadt zusammen. Ein Patentantrag zum Schutz des Verfahrens hat das Unternehmen im Dezember 2022 beim Europäischen Patentamt eingereicht, außerdem ist sein Produkt nachweislich datenschutzkonform.

Die nächsten Ziele von Benjamin Dauth und seinem Team sind die kontinuierliche Optimierung seiner Software sowie die Integration dieser bei größeren Unternehmen.