Mehrweg statt Karton: Start-up Boomerang will den Verpackungsmüll im Versandhandel reduzieren
Über 4 Milliarden Sendungen werden in Deutschland im Jahr ausgeliefert. [1] Das Start-up Boomerang® bietet Mehrwegverpackungen aus recyceltem Kunststoff für den Online-Handel und die Intralogistik an. Mit Versandtaschen und -boxen für Gegenstände jeder Art, einem intelligenten Pfandsystem und einer durchdachten Rückführungslogistik will das junge Unternehmen aus Hamburg die Menge an Verpackungsmüll verringern. Der HOLM-Blog stellt den Gewinner des 4. Start-up-Contest der Länder vor.
Die Idee zu Boomerang entstand 2021 inmitten der Coronapandemie im Wohnzimmer des Gründers und heutigen CEO Marc Engelmann. Der war genervt vom Verpackungsmüll im eigenen Müllkeller: „Dort waren ständig alle Mülltonnen voll. Deshalb nahm ich mir vor, das Müllproblem mit einer klugen Idee zu ändern und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welchen CO2-Footprint der Versandhandel und die vielen Einmalverpackungen hinterlassen.“ Ein halbes Jahr später kamen Mitgründer Christian Putz (COO) und Mitgründerin Katharina (bis 2024) dazu. Heute umfasst das Team neben den beiden Geschäftsführern rund 10 weitere Mitarbeitende.
Und so wurde die Idee umgesetzt: Boomerang bietet unterschiedlichste Verpackungen aus recyceltem Kunststoff an. Umschläge, Kartons, Taschen oder auch Kleiderbeutel – die „Packs“ und „Boxes“ werden aus sortenreinem Altplastik aus Polypropylen (PP) hergestellt und können am Ende des Lebenszyklus sortenrein recycelt werden. Durch einen Boomerang Pack lassen sich laut dem Unternehmen bis zu 50 Kartons ersetzen. Der Clou: Die Verpackungen können platzsparend gefaltet werden, zum Teil auf A4-Größe, sodass die Verpackungen über den Briefkasten kostenlos zurückgesendet werden können. „Trotz des leeren Rückversands über die Briefkästen lassen sich mit Mehrwegverpackungen bis zu 80 Prozent CO2 einsparen und deutlich mehr als 90 Prozent Müll“, sagt Marc Engelmann. Ist der Pack nach durchschnittlich fünfzig Einsätzen zu abgenutzt, beschädigt oder zu dreckig, wird er dem Recycling zugeführt.
Die Idee und das daraus entwickelte Start-up wurden ausgezeichnet: 2023 mit dem Gewinn des deutschen Verpackungspreises und der Wahl unter die Top 3 Start-ups des Jahres von Wirtschaftsminister Robert Habeck. 2024 gewann Boomerang den 4. Start-up-Contest der Länder und folgte auf die bisherigen Gewinner cellumation, MeTrucks und inventied. Aber nicht nur bei Jurys kommen die Produkte an, sondern auch bei Kunden in Versandhandel und Logistik. Boomerang zählt heutes sechzig aktive Kunden und Partner, darunter auch zwei Großkonzerne mit über einer Milliarde Euro Umsatz.
Einen großen Anteil am Erfolg hat der digitale Teil des Mehrwegsystems, der es Onlinehändlern ermöglicht, das System in den Onlineshop und in den Versandprozess einzubinden. „Wir haben eine eigene Software zum Pooling, also der Nachverfolgbarkeit der Verpackungen, und ein digitales Pfandsystem entwickelt. Dieses Pfandsystem lässt sich per InApp in fünfzehn Minuten in gängige Shopsysteme wie Shopify oder Shopware integrieren. Wir bieten auch eine offene API-Schnittstelle zu individuellen Shopsystemen an. Damit werden Verpackungen auf einmal smart und es lässt sich ein Mehrwert aus ihnen ziehen, wie zum Beispiel ein verbessertes Tracking“, erläutert Engelmann.
Im Idealfall kann die Endverbraucherin den Mehrwegversand im Shop auswählen. Das zusätzlich berechnete Pfand von 3 Euro wird bei Retoure der Ware oder nach erfolgreicher Rücksendung der leeren Verpackung vom Händler zurückerstattet. In Zukunft sind zudem Abgabestellen für die Boomerang-Verpackungen geplant.
Neben flexiblen Packs und kleinen Boxen für den Online-Handel bietet Boomerang Euroboxen für Paletten sowie große Boxen für Intra- und B2B-Logistik etwa für die Filialbelieferung an. In den kommenden drei Jahren plant das Unternehmen sein Produktsortiment zusätzlich zu erweitern und in andere Länder zu expandieren. „Verpackungsmüll im E-Commerce ist nämlich nicht nur ein deutsches Thema“, sagt Marc Engelmann.
Boomerang ist nicht das erste Start-up, bei dem der gelernte Industriekaufmann und TV-Journalist (u.a. bei ZDF, RTL und NDR) sich eingebracht hat. Zuvor war Marc Engelmann etwa an „Taste-it“ beteiligt, einer Restaurant-Flatrate für Angestellte von Unternehmen ohne eigene Kantine. Und was gibt der „Seriengründer“ anderen Gründer*innen mit auf den Weg? „Habt Mut, „all in“ zu gehen, sich für sechs bis zwölf Monate ganz auf das eigene Start-up zu konzentrieren; auch wenn das heißt, den Job zu kündigen. Schaut, wie weit man kommt und ob es gelingt, Geld zu verdienen und Gehälter zu zahlen“, so Engelmann.
Quelle
[1] Die Kurier-, Express- und Paketdienstbranche in Deutschland boomt. In den letzten Jahren stieg die Sendungsmenge kontinuierlich und im Jahr 2023 wurden rund 4,18 Milliarden Sendungen durch die KEP-Branche ausgeliefert. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/154829/umfrage/sendungsmenge-von-paket-und-kurierdiensten-in-deutschland/