Dass ein Elektrofahrzeug eine Batterie besitzt und geladen werden muss, weiß heute jedes Kind. Aber, dass der gespeicherte Strom aus dem eigenen Auto auch als Energiequelle für andere Geräte dienen oder sogar in das Stromnetz zurückgespeist werden kann, ist noch wenig bekannt. Dabei sind Fahrzeuge eigentlich „Stehzeuge“, da sie mehr als 90 Prozent [1] ihrer Zeit ungenutzt herumstehen. Mit Elektrofahrzeugen kann sich dies merklich ändern. Sobald sie über eine Ladestation mit dem Stromnetz verbunden sind, lässt sich der große Batteriespeicher für das Stromnetz nutzen.

Das Konzept des bidirektionalen Ladens bei Elektrofahrzeugen, also den Stromfluss in beide Richtungen zu nutzen, ist in Deutschland nun möglich und auch sinnvoll:

Bis 1. Oktober 2024 waren in Deutschland fast 1,6 Mio. [2] E-Fahrzeuge zugelassen. Im Jahr 2023 wurden rund 16 TWh [3] Strom im Verkehrssektor verbraucht, was derzeit wenige Prozent des Gesamtstrombedarfs entspricht. Aber die Strommenge, die für die Mobilität benötigt wird, steigt. Diese muss zusammen mit dem restlichen Strombedarf aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonnenenergie und Windkraft bereitgestellt werden, deren Stromerzeugung jedoch schwankt. Der Stromspeicherung mittels stationärer und mobiler Batterien kommt daher eine steigende Bedeutung zu. Ein Vorteil der Batterie der meisten E-Fahrzeuge: Ihre Speicherkapazität ist rund zehnmal größer als die eines herkömmlichen Heim(batterie)speichers.

 

V2L, V2H, V2G?

Die Fachwelt unterscheidet verschiedene Formen des bidirektionalen Ladens. In der einfachsten Form, dem Vehicle2Load (V2L), speist die Fahrzeugbatterie über einen Wechselrichter eine Steckdose. Mit dieser können Elektrogeräte unabhängig vom Stromnetz betrieben werden, etwa beim Camping. Da die Steckdose, aber nicht mit dem Netz verbunden werden kann, ist V2L maximal zur Versorgung einzelner Geräte bei einem Stromausfall geeignet.

Beim netzgekoppelten bidirektionalen Laden ist das E-Fahrzeug per Ladestation mit dem Stromnetz verbunden und speist direkt in das Hausenergiesystem ein. Beim sogenannten Vehicle2Home (V2H) fließt der Strom aus der Fahrzeugbatterie ausschließlich ins Haus. So lässt sich der Eigenstromverbrauch [4] etwa des selbsterzeugten Stroms aus der Photovoltaikanlage optimieren.

Wird zusätzlich von der Fahrzeugbatterie in das Netz zurück gespeist, spricht man von Vehicle2Grid (V2G) [5]. Das ist besonders spannend für Endkundinnen und -kunden, die einen zeitvariablen Stromtarif abgeschlossen haben, der sich an den schwankenden Börsenstrompreisen orientiert. Mit Hilfe eines Energiemanagementsystems wird die Batterie des E-Fahrzeugs bei niedrigen Strompreisen aufgeladen, während bei höheren Preisen der Strom aus dem Fahrzeug ins Netz eingespeist oder für die Stromversorgung im Haus verwendet wird.

Bis zu 800 Euro Ersparnis oder ca. 15.000 kostenlose Fahrkilometer kann ein Haushalt mit cleverem Laden im Jahr erzielen. Das wurde von Fraunhofer ISE und Fraunhofer ISI gemeinsam in einer Studie für die europäische Organisation Transport & Environment T&E [6] aufgezeigt.

Aber vom bidirektionalen Laden profitieren letztendlich alle. Denn je mehr fluktuierende Erzeugung direkt durch steuerbare Lasten wie Wärmepumpen und E-Fahrzeuge verbraucht wird, desto effizienter und preisgünstiger wird das Energiesystem für alle.

Weitere Informationen bietet der Blogbeitrag „Bidirektionales Laden im eigenen Energiesystem“, der auch ein Erklärvideo des Fraunhofer ISE zum Thema enthält.